Sonntag, 17. Januar 2016

|Rezension| "One" von Sarah Crossan

One | Sarah Crossan | Bloomsburry Children | Englisch | Hardcover | ca. 14€ | Kaufen?
  
Grace and Tippi. Tippi and Grace. Two sisters. Two hearts. Two dreams. Two lives. But one body.

Grace and Tippi are conjoined twins, joined at the waist, defying the odds of survival for sixteen years. They share everything, and they are everything to each other. They would never imagine being apart. For them, that would be the real tragedy.

But something is happening to them. Something they hoped would never happen. And Grace doesn’t want to admit it. Not even to Tippi.

How long can they hide from the truth—how long before they must face the most impossible choice of their lives?

 
Das Lied ist einfach richtig richtig schön, hat mich mit seinem ruhigen Flair durch das Buch begleitet und es wahrscheinlich noch berührender gemacht.

 
Wir Blogger sind ja schon bekannt dafür, dass wir immer viele bezeichnende Phrasen finden, wenn wir darüber reden, warum wir Bücher lieben. Wir schreiben von Wortmagie, Reise in eine andere Welt, von Zeilen die Charaktere und Welten zu leben erwecken, von Erfahrungen sammeln, ohne das Zimmer zu verlassen. Das ist es, was wir an Bücher lieben, du, ich, wir. Aber manchmal habe ich ein bisschen Angst, dass manche Phrasen, je öfter ich sie verwende, ihre Bedeutung verlieren, ihr Leben langsam aushauchen und absterben. Ich schreibe ich viele Rezensionen von magischen Worten und lebendigen Zeilen, aber was genau meine ich denn damit? Ich meine Worte, die mitten ins Herz treffen, wenige Zeilen, die mich zerbrechen und wieder zusammensetzen können, Sätze die ich mir für immer aufbewahren möchte, weil sie so viele aussagen. Und ein Buch, das mich ganz doll an diese Wortmagie erinnert hat, ist One von Sarah Crossan. Ein Buch, das komplett in Free Verse geschrieben ist, und das nur von einer Sache lebt: Wortmagie.



In One geht es um Tippi und Grace, zwei ganz besondere Zwillinge, denn die beiden sind an der Hüfte zusammengewachsen, und teilen sich das Leben als siamesische Zwillinge. In One erzählt nun Grace aus dem Leben mit ihrer Schwester, ihrer Familie, und der Highschool, die erste Schule, die sie jemals besuchen.


 Den Inhalt dieses Buches zu beschreiben ist in etwa so, als würde man den Inhalt eines Tagebuches wiedergeben wollen. Es passieren keine großartigen Dinge, es gibt eine komplexen Handlungsstränge, Geschehnisse entwickeln sich nicht über Seiten und wir haben auch nicht verschiedene Perspektiven, geschweige denn einen roten  Faden der diese zusammenführen würde. Was wir aber haben ist Grace, mit ihren unheimlich magischen Worten, die einen mitten ins Herz treffen. Das Buch ist episodisch erzählt, die Kapitel haben nicht immer was miteinander zu tun, aber könnten in ihrer Reihenfolge trotzdem nicht vertauscht werden. Das Buch erzählt eine Geschichte nicht durch zusammenhängende Ausführungen, sondern durch Ausschnitte. Es schildert Situation, wie Grace sie gerade erlebt, mit Gefühlen, wenig Beschreibungen, Gedankenfetzen, alles sehr subjektiv geschildert, sodass der Leser nicht nachvollziehen kann, inwieweit Grace Recht hat, oder nicht. Wir bekommen keine große Schilderungen, sondern wenige Worte, die im freien Vers die Situation beschreiben und sie inmitten des kurzen Gedichtes schon wieder abschließen. Und so setzt sich nach und nach aus den vielen episodischen Szenen, den vielen kleinen Einblicken in die Welt von Grace und Tippi, ein kleines, zerbrechliches Gesamtbild zusammen.


Und schon wieder habe ich von der Wortmagie geschrieben, ohne wirklich zu erklären, was das ist. In diesem Buch ist es für mich, dass Grace es schafft, mich durch wenige Worte zu überzeugen. Es gibt Gedichte in diesem Buch, wo Grace es schafft mich mit 5 Worten aus dem Konzept zu bringen, mich zum Weinen zu bringen, zum Lachen, mein Herz zu brechen, mir Hoffnung zu geben. Wortmagie ist hier das Grace in so wenigen Worten so viel sagen kann. Es wirkt, als hätte sie einfach viele Gedanken, Gefühle und Beobachtungen einer Situation aufgeschrieben, unvollständig und lückenhaft, und trotzdem konnte ich mir die Szene in allen Einzelheiten vorstellen, mich einfühlen, sie erleben. Wortmagie ist also das Grace viel sagt, ohne viel zu sagen, wenige Worte so gezielt und präzise einsetzt, um mitten ins Herz treffen. Und beweist: Manchmal braucht man für Wortmagie eines eben nicht: Viele Worte.
Zu den Charakteren kann ich wenig schreiben, da wir wie gesagt kein objektives Bild bekommen haben, sondern nur Gedankenfetzen und Graces Bild präsentiert bekommen, das wir nun interpretieren dürfen, wie wir wollen. In erster Linie kann ich also nur über Grace schreiben. Grace, herrlich naiv und gutgläubig, ohne dabei nervig zu sein, sondern einfach nur von ganzen Herzen bezaubernd. Grace, die niemals wiederspricht und sich zu viele Gedanken macht, wie manchmal jeder von uns. Grace, die ihre Familie mit so viel Herzblut liebt, das einen zerbrechen kann. Und vor allem Grace, die lernt, dass Liebe etwas wunderbares sein kann, etwas bezauberndes, aber eben manchmal auch nicht genug. Was ich an Grace mochte, war, dass sie so voller Fehler mein Herz erobern konnte, dass sie in ihrer Subjektivität und Naivität trotzdem die Erzählerin war, die ich für dieses Buch wollte, und deren Entwicklung am Ende ich einfach fantastisch fand, wenngleich ich mir ein anderes Ende gewünscht hätte.


Tippi, die störrisch, willensstarke Tippi, die mit all ihrem Ehrgefühl und Mut mich umgehauen hat. Wär sie noch tapferer, wär sie eine Löwin. Dragon, the fire-breathing little sisiter, die eigentlich Nicole heißt, und für mich eigentlich eine der Hauptrollen war. Denn in sie konnte ich mich so gut hineinversetzen, in das Mädchen, das sich in ihre Passion flüchtet, in ihr Hobby, um der Dunkelheit der Realität und den Probleme der eigenen Familie zu entkommen. Yasmeen, die die beste Freundin war, die ich mir für Grace und Tippi gewünscht habe. Und Jon, der trotz all seiner Empathie und Ehrlichkeit nie meine Sympathie bekommen hat, und mir das unglaublich leid tut. Dann Grace und Tippis Familie, ihr alkoholsüchtiger Vater, ihre überforderte Mutter, ihre großartige Großmutter und später Caroline, die uns zeigt, dass auch Journalisten Herzen und Menschlichkeit besitzen.

All diese Charaktere waren alle für sich so wunderbar und haben so viele Schichten und Themengebiete beschrieben, dass sie alle ihr eigenes Buch haben könnten. Ein Buch, über das Leben mit HIV, ein Buch über Alkoholsucht, eines über Magersucht. Und vielleicht könnte man hier kritisieren, dass das Buch zu vielen Themen nur angeschnitten hat, das selbst nach dem Ende zu vieles offen bleibt, zu viele ungeklärt. Doch wenn ich für mich sprechen darf, dann ist genau dass die Sache, die ich an diesem Buch mag. Es ist keine komplette Geschichte, sondern ein Ausschnitt aus dieser. Es sind Ausschnitt aus dem Leben von zwei ganz besonderen Menschen und vielen anderen Personen, die ihr Leben berühren, eine Geschichte die nicht erst mit dem ersten Kapitel beginnt, und ganz bestimmt nicht mit den letzten endet

 
One ist keines dieser Bücher, die sich haufenweise in meinem Regal stapeln. Es ist ein Experiment, das mich den freien Vers ausprobieren lassen sollte, nur um mich am Ende zu lehren, was diese
Wortmagie ist, von der ich immer spreche. Denn dieses Buch leuchtet von all dieser Energie, von wenigen Worten, die mit so viel Ehrlichkeit, Gefühl und Leuchtkraft mich mitten ins Herz treffen. Es leuchtet vor unzählig verschiedenen Charakteren, die alle ihr eigenes Buch verdient hätten, ein Buch, das keine ganze Geschichte erzählt, sondern Ausschnitte aus einer, ein Buch das noch nicht beendet ist, und auch nicht erst hier begonnen hat. . Es ist ein Bruchteil, kein ganzes, und trotzdem vollkommen. Ein Buch, das mich tief berührt und beeindruckt hat, und für jeden, der sich darauf einlassen kann, ein Geheimtipp ist. Ich vergeb 5 von 5 Sternen.

 

3 Kommentare:

  1. Das klingt nach einem beeindruckenden Buch, aber auch nach ziemlich schwerer Kost. Ich habe mir gerade mal die Leseprobe angeschaut und kann Dir nur Zustimmen. Der Text ist unglaublich gefühlvoll und berührend.

    Danke für's vorstellen.

    LG
    Meike

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  2. Huhu liebe Kücki ♥
    Oh ich freue mich so sehr, dass dir das Buch genauso gut gefallen hat wie mir. Das Buch zu lesen hat mir wirklich mein Herz gebrochen und mich unsagbar traurig gemacht. Einfach weil mir Tippi und Grace wie zwei Freundinnen erschienen, die ich schon mein Leben lang kannte. Ich finde es so beeindruckend dass die Autorin Sarah Crossan all diese Gefühle, wie du so schön schreibst, nur mit so wenigen Worten übermittelt hat. Am liebsten würde ich die Autorin einmal ganz fest in den Arm nehmen und ihr dankbar sein, dass sie dieses schöne Buch geschrieben hat. (:

    Alles Liebe,
    Jasi ♥
    P.S: Dich nehme ich natürlich auch gerne in den Arm und bin dir dankbar für deine wundervolle Rezension und das es dich gibt. ♥

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  3. Also Kücki, du bist eindeutig schuld, dass ich mir das Buch gekauft habe :D aber ich wollte es unbedingt in der anderen Ausgabe mit dem Herz haben, auf die muss ich nun leider ein wenig warten. Macht aber nix, der Lesestoff wird mir bis dahin schon nicht ausgehen :P

    So ein Buch, das mich richtig berührt hat, hatte ich schon lange nicht mehr.

    Liebe Grüße
    Tina

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